Exkursion zu geothermischen Systemen

Pflichtexkursion "Exkursion zu geothermischen Systemen" des Moduls "Geologie der Geo-Energiesysteme" im Bachelorstudiengang "Geo-Energiesysteme"

Vom 17.08. bis 18.08.2023 fand die Pflichtexkursion "Exkursion zu geothermischen Systemen" im Rahmen des neuen Bachelorstudiengangs "Geo-Energiesysteme" statt. Die Exkursion führte uns zu den geothermischen Systemen in Prenzlau (Brandenburg) und zur Geothermie-Forschungsplattform Groß Schönebeck, nördlich von Berlin. Die Exkursion wurde zusammen mit Studierenden des neuen Studiengangs "Geo-Energiesysteme" und mit Masterstudenten des Studiengangs Petroleum Engineering, sowie mit einem Mitarbeiter des ITEs, Mohammed Al-Eryani und am 18.08. zusätzlich mit Professor Jaeger durchgeführt. 

 

Geothermiesystem Prenzlau:

Am 16.08. besichtigten wir das geothermische System in Prenzlau (Brandenburg). In Prenzlau gibt es drei Geothermiebohrungen, Gt Pr 1/86 (Förderbohrung), Gt Pr 2/85 (Injektionsbohrung) und Gt Pr 3/89 (Ersatzförderbohrung) aus den Jahren 1985, 1986 und 1989.

Zunächst wurde das geothermische System als hydrothermale Dublette mit einer Bohrtiefe von ca. 1 km durchgeführt. Der Nutzhorizont ist die Sandsteinschicht Sinemur / Hettang des Jura, mit einer Schichttemperatur von 44-47 °C und einer Gesamtmineralisation von 90 g/l. Die hydrothermale Dublette wurde zum Heizen betrieben. Auf Grund der Störanfälligkeit des geothermischen Anlagenteils durch die hohe Gesamtmineralisation, unzuverlässige Wärmepumpen und günstiges Erdgas (statt teuren Stroms) wurde der Betrieb der geothermischen Heizzentrale in den 90er Jahren eingestellt. 1994 fand eine Umnutzung der Bohrung Gt 2/85 zur Tiefenerdwärmesonde Gt Pr 2a/94 als geschlossenes geothermisches System, eine sogenannte Tiefenerdwärmesonde, statt.

Hierfür wurde die ursprüngliche Bohrung Gt 2/85 auf eine Teufe von 2.786 m vertieft mit einer Reservoirtemperatur von 108 °C. 2021 wurde bei einer Kontrollmessung eine deutlich erhöhte elektrische Leitfähigkeit und eine erhöhte Gesamtmineralisation des Zirkulationsfluides festgestellt. Die Untersuchung und fachtechnische Einschätzung fand durch die Geothermie Neubrandenburg (GTN) statt und führte im September 2021 zur Einstellung des Förderbetriebes an der Gt Pr 2a/94. Im Oktober 2021 wurde eine Machbarkeitsstudie zur Reparatur, Umnutzung und Rückbau in Auftrag gegeben.

In Zukunft soll das geothermische System wieder als hydrothermale Dublette in einer Tiefe von ungefähr 1 km durchgeführt werden. Hierfür soll die alte Bohrung Gt Pr 3/89 als Reinjektionsbohrung genutzt werden und eine weitere Bohrung, Gt Pr 4 bis in eine Tiefe von ca. 1 km abgeteuft werden. Das Abteufen der neuen Förderbohrung soll nächstes Jahr (2024) in der Nähe des Heizwerkes beginnen. 

In Prenzlau hatten wir Gelegenheit die Bohrung Gt Pr 2/85 bzw. Gt Pr 2a/94 und die angrenzende, dazugehörige Geothermie-Heizzentrale, die allerdings schon stark zurückgebaut wurde zu besichtigen. Anschließend erhielten wir von Herrn Zingelmann noch einen ausführlichen Vortrag über die vergangenen Geothermie-Aktivitäten und das zukünftige, geplante geothermische System. Wir konnten die Gelegenheit nutzen, um eine Vielzahl an weiterführenden Fragen zu stellen und dadurch Informationen zu erhalten, die in der Öffentlichkeit nicht zugängig sind.

 

Geothermie-Forschungsplattform Groß Schönebeck

Am 17.08. führte uns die Exkursion zur Geothermie-Forschungsplattform Groß Schönebeck des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ), ca. 55 km nordöstlich von Berlin. Mitten im Wald versteckt, liegt dieses geothermische System, was ausschließlich zu Forschungszwecken verwendet wurde. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Enhanced Geothermal System (EGS) im Rotliegend. Die Tiefe der Förderbohrung beträgt 4.400 m und diejenige der Injektionsbohrung 4.309 m. Der Abstand der Bohrungen übertage beträgt 27 m und untertage, auf Grund der abgelenkten Bohrung 475 m. Die Fördertemperatur der Sole liegt bei 150 °C und weist einen Salzgehalt von 265 g/l auf.

Das geothermische System wurde für Forschungszwecke gebaut, um neue Technologien und Materialien mit dem Ziel der geothermischen Stromerzeugung in situ testen zu können. Da es sich bei dem Standort um typische geologische Bedingungen für weite Teile Europas handelt, sollten die gewonnenen Erkenntnisse auch auf entsprechende Regionen ähnlicher Strukturen übertragen werden.

Im Winter 2000 wurde eine vorhandene Erdgasexplorationsbohrung (E GrSk 3/90) aus den 90er Jahren, die eine zu geringe Erdgasergiebigkeit gezeigt hatte, für Geothermiezwecke geöffnet und um 54 m auf 4.294 m vertieft. 2003 fand eine weitere Vertiefung auf 4.309 m statt und wurde eine weitere Bohrung, mit einer Tiefe von 4.400 m abgeteuft, um eine hydrothermale Dublette zu schaffen. Die Bohrungen erschließen in einer Tiefe von 3,9 bis 4,3 km wasserführende Horizonte des Rotliegend Sandstein und der Rotliegend Vulkanite.

In den Bohrungen wurde zu Forschungszwecken ein in situ-Labor installiert, das weltweit einzigartig ist. Das in situ-Labor ermöglicht die Durchführung von Experimenten und verschiedener Bohrlochmessverfahren unter natürlichen Bedingungen an sedimentären Großstrukturen. Die Erkenntnisse aus den Ergebnissen können dann auf ähnliche geologische Verhältnisse weltweit übertragen werden und liefern wertvolle Informationen für den weiteren Lernprozess von Enhanced Geothermal Systems in sedimentären Großstrukturen.

Zur Erzeugung des geothermischen Reservoirs bzw. Wärmetauschers in der Tiefe wurden mehrere Stimulationen durchgeführt. Hierfür wurden hydraulische Wasserfrac-Verfahren für die vulkanischen Gesteine eingesetzt. Hierbei wird Wasser unter hohem Druck über eine Bohrung in den Untergrund gepresst. Zur Stimulation der Sandsteine des Rotliegend wurden hydraulische Stimulationen mit Gel-Proppants durchgeführt. Bei Proppants handelt es ich um kleine Kugeln aus Korund, mit einem Durchmesser von 0,5 mm, die mit Hilfe des Gels in die durch hohen Wasserdruck erzeugten Risse transportiert werden. Während das Gel wieder heraustransportiert wird, verbleiben die Korund-Kugeln in den Rissen und halten diese dadurch gegen den hohen Auflastdruck der darüberliegenden Gesteinsschichten offen.

Die erreichte, ursprüngliche Thermalwasserproduktivität, direkt nach der Stimulation führte dazu, dass eine Organic Rankin Cycle-Anlage zur Stromerzeugung mit einer Förderrate von
> 50 m³/h (> 14 l/s) und einer elektrischen Leistung von > 1,1 MWel zu Forschungszwecken geplant wurde. Langzeitzirkulationstests ergaben dann allerdings einen deutlichen Abfall der Förderrate, so dass dieser Plan nicht durchgeführt werden konnte.  

Es gibt verschiedene Pläne für die Zukunft. Ein mögliches Szenario ist, dass auf Grund der deutlich gestiegenen Energiepreise zum Heizen, das geothermische System zu einem Fernwärmesystem umgebaut werden könnte. Hierfür sollen Sandsteine und Muschelkalk in einer Tiefe von 2 km und einer Soletemperatur von 80 °C genutzt werden, um Häuser in Groß Schönebeck, das 5 km entfernt liegt, mit Wärme zu versorgen. Da der Heizbedarf in Groß Schönebeck groß ist, könnte das System, sofern es erfolgreich ist, mittels weiterer Bohrungen weiter ausgebaut werden.

 

Gruppenbild vor der Geothermieheizzentrale in Prenzlau.

Oberflächenanlagen in Groß Schönebeck: vorne ein Teil der Thermalwasserleitung; hinten Gebäude mit den Organic-Rankine-Cycle-Modulen.

Eine der Bohrungen in Groß Schönebeck.

Wärmetauscher

Gruppenbild in Groß Schönebeck.